SVENJA MOOR


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COMICS

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich intensiv mit Comics. In meiner Kunsttherapie-Masterarbeit untersuchte ich die unterschiedlichen emotionalen Effekte, welche Graphic Pathologies, also Comics über Krisen und Erkrankungen, auf ihre Leserinnen und Leser haben (Kraft des Comics/PDF). Wer sich für die Schnittstelle zwischen Comics und Gesundheit interessiert, dem sei die Website graphicmedicine empfohlen.

Hier folgt eine Auswahl beachtenswerter Comics in deutscher und englischer Sprache aus dem Bereich psychisch-physische Gesundheit und Krisen bzw. Krisenbewältigung. Die Rubriken sollen die Orientierung erleichtern und sind nicht als Etikettierung gemeint.

Ängste und Zwänge
Identikid, Moa Romanova, Avant 2020

Das Nao in Brown, Glyn Dillon, Egmont Graphic Novel 2014


Autismus, Down-Syndrom, Epilepsie
Schattenspringer: Wie es ist, anders zu sein, Daniela Schreiter, Panini Comics 2014
Dich hatte ich mir anders vorgestellt, Fabien Toulmé, Avant 2015
Epileptic, David B., Pantheon Books 2005
Zusammenfassung

Der autobiografische Comic beschreibt die Leidensgeschichte von David und seinem älteren Bruder Jean-Christophe, der an schwerer Epilepsie leidet. Der erzählerische Bogen spannt sich über die gesamte Kindheit der zwei Jungen und ihrer Schwester, die in den 60er Jahren in Frankreich heranwachsen. Dabei steht die wechselhafte Beziehung zwischen David und Jean-Christoph ebenso im Zentrum wie die unterschiedlichen Behandlungen, welche die verzweifelten Eltern ihrem Sohn angedeihen lassen. Zahlreiche Umzüge und Experimente wie zum Beispiel das Leben in einer esoterischen Kommune bestimmen das Leben der Familie jenseits aller Alltäglichkeit. Schlägt man den Comic auf, tritt man in eine schwarz-weiße Welt ein, deren holzschnittartige Zeichnungen in einen fremden Kosmos voller widersprüchlicher menschlicher Gefühlen entführen.


Bipolare Störung und Depression
How I made it to Eighteen, Tracy White, Roaring Book Press 2010
Mein schwarzer Hund: Wie ich meine Depression an die Leine legte, Matthew Johnstone, Antje Kunstmann 2008
My depression: A picture book, Elisabeth Swados, Seven Stories Press 2014
Meine Tassen im Schrank, Ellen Forney, Carlsen 2015
Zusammenfassung

Selbst Künstlerin, betrachtet Ellen Forney ihre Bipolarität als Bestandteil ihrer künstlerischen Identität und sieht sich in einer Traditionslinie mit „verrückten” Künstlern, Dichtern und Schriftstellern. Inwiefern kann eine Behandlung eine Veränderung ihrer Persönlichkeit und einen Verlust an Kreativität bedeuten? Forneys Recherchen nach dem Zusammenhang von Kreativität und psychischer Verfassung bilden die inhaltliche Folie dieser Graphic Novel. - Grafisch gesehen ist das Buch eine Achterbahnfahrt, passend zu den wechselnden Gefühlszuständen der Autorin. Eine durchgehende Panelstruktur gibt es nicht, vielmehr bestimmt ein lockerer Wechsel aus gerahmten und ungerahmten Panels, aus Sequenzen von Einzelbildern und Macropanels den Fortgang der Handlung. Der hohe Textanteil weist darauf hin, dass die Autorin viel erklären will, sie will nicht nur ihre Erfahrungen, sondern auch ihr Wissen mit dem Leser teilen. Dabei bleibt der Comic immer unterhaltsam, manchmal geradezu bissig, wie auf den Seiten über die Wirkungen unterschiedlicher Psychopharmaka.


Demenz
Das große Durcheinander. Alzheimer, meine Mutter und ich, Sarah Leavitt, Beltz 2013
Kopf in den Wolken, Pablo Roca, reprodukt 2013

Essstörungen
Lighter than my shadow, Katie Green, Jonathan Cape 2013
Zusammenfassung

Katie Green schildert den Verlauf einer mit Zwängen beginnenden Störung in der Kindheit, die sich mit Einsetzen der Pubertät zur Magersucht und später zum Binge Eating entwickelt. Die Erzählung, deren traurig-dramatischer Höhepunkt ein Suizidversuch ist, räumt den zahlreichen Versuchen, die Krankheit zu überwinden und den immer wieder auftretenden Rückfällen viel Platz ein. Doch sie endet versöhnlich und hoffnungsvoll. – Die einfachen, in klaren Linien ausgeführten Zeichnungen stehen vor strukturierten Hintergründen einer ganzen Palette unterschiedlich farbiger Grautöne. Das verleiht dem Buch eine stark atmosphärische, malerische Wirkung, gerade weil der Text eine untergeordnete Rolle spielt. Das Lesen, besser gesagt: das Betrachten des Buchs gleicht einem Eintauchen in einen Strom mit großer Sogwirkung.

Good girls do swallow: The darkly comic true story of how one woman stopped hating her body, Rachael Oakes-Ash, Mainstream Publishing 2000
Inside out: Portrait of an eating disorder, Nadia Shivack, Atheneum Books for Young Readers 2007
41,3 kg – Magersucht?, Ingrid Sabisch, Gütersloher Verlagshaus 2011

Luft und Liebe, Hubert/Marie Caillou, Carlsen 2012

Familie, Erziehung und Religion
3 Väter, Nando von Arb, Edition Moderne 2019
Swallow me whole, Nate Powell, Top Shelf Productions 2008

Vatermilch, Uli Oesterle, Carlsen 2020
Der Araber von morgen (Bd. 1 - 4), Riad Sattouf, Knaus 2015,2016 + 2017, Penguin 2019
Stiche – Erinnerungen, David Small, Carlsen 2012
Zusammenfassung

In der Graphic Novel geht es um die Kindheit des Autors, der in den 1950er Jahren in Detroit/USA aufwuchs. In der Kleinfamilie führt die kranke Mutter ein hartes Regime. Eine Operation und die von den Eltern verheimlichte Krebsdiagnose bringen Davids Leben vollends aus dem Lot. Der Autor erzählt aus der Ich-Perspektive, gekonnte Perspektivwechsel beleben die Panels. Der erzählerische Wechsel von kommentierendem Blocktext und Seiten, die komplett ohne Text auskommen, rhythmisiert das Leseerlebnis, so dass auf den über 300 Seiten keine Langeweile aufkommt. Besonders beeindruckt hat mich der expressive Tuschestrich, den Small vor allem in stark emotionalen Szenen einsetzt.

Die Bekehrung, Matthias Gnehm, Edition Moderne 2011
Zusammenfassung

Der Grafiker und Architekt Matthias Gnehm erzählt von einem prägenden Jugenderlebnis: Kurt ist verliebt in Patrizia. Um ihr näher zu sein, besucht er den Bibelkreis der fundamentalistischen Gemeinde, der sie angehört. Einige Zeit später lässt er sich bekehren, trotz des Widerstands seiner Mutter, die den Pastor für die Entfremdung ihres Sohnes von der Familie verantwortlich macht. Gnehms schwarz-weiße Zeichnungen sind leichtfüßig, dennoch atmosphärisch dicht und immer präzise. Die Geschichte der Liebe zu Patricia, die sich dramatisch zuspitzt, wird in einem souveränen Wechsel von Detailansichten und Landschafts- bzw. Städtepanoramen erzählt.

Pirouetten, Tillie Walden, reprodukt 2018
Heimat - ein deutsches Familienalbum, Nora Krug, Penguin 2018
Blankets, Craig Thompson, Carlsen 2009
Das leere Gefäß, Magdalena Kaszuba, Avant 2018
Fun Home. Eine Familie von Gezeichneten, Alison Bechdel, Kiepenheuer & Witsch 2006
Ein tugendhafter Vater, Ludovic Debeurme, Edition Moderne 2020
Die Adoption, Zidrou/Arno Monin, Splitter 2017
Steinfrucht, Lee Lai, Avant, 2021

Flucht und Exil
Ein neues Land, Shaun Tan, Carlsen 2015

Gender, Liebe, Sex
XES, Florian Winter, Avant 2020
Der Ursprung der Liebe, Liv Strömquist, Avant 2018
Seventh floor, Åsa Grennvall, electrocomics 2002
Zusammenfassung

Åsa beginnt ihr Kunststudium in einer Stadt an der schwedischen Ostseeküste. Ihr Grunge-Look und ihre Interesse für Morbides kommen gut an. Das ist eine neue Erfahrung für die Außenseiterin, als die sich sich bisher gefühlt hat. Als Nils sie auf einer Party anspricht, ist sie überwältigt von dem Gefühl, ausgewählt zu sein. Åsa begibt sich in eine Beziehung, die bald toxisch wird. Ihr Freund übernimmt die Herrschaft über ihr gesamtes Denken und Fühlen, bis sie in äußerster Gefahr ist. - Die naiv anmutenden Schwarz-Weiß-Zeichnungen entfalten eine große Ausdruckskraft, zumal die Autorin es versteht, sie mittels bildlicher und symbolischer Referenzen anzureichern. Die Geschichte ist schockierend und schmerzhaft. Umso wichtiger, dass der/die Betrachter*in auch vom Ende der Beziehung erfährt, der Unterstützung, die Åsa erfährt und dem anschließenden Prozess der Heilung. - Mit dem autobiografischen Comic schloss Grennvall ihr Masterstudium Fine Arts in Stockholm ab.

Nennt mich Nathan, Catherine Castro (Text)/Quentin Zuttion (Zeichnungen), Splitter 2019
Nenn mich Kai, Sarah Barcyk, Egmont Graphic Novel 2016
Das falsche Geschlecht, Chloé Cruchaudet, Avant 2014

Krebs
Mom's cancer, Brian Fies, Abrams 2011
Cancer made me a shallower Person. A memoir in comics, Miriam Engelbert, HarperCollins 2006
Cancer Woman, Marisa Accocella Marchetto, Atrium 2012

Krieg, Verfolgung und Gefangenschaft
Maus - Die Geschichte eines Überlebenden (Bd. 1: Mein Vater kotzt Geschichte aus, Bd. 2: Und hier begann mein Unglück), Art Spiegelman, Rowohlt 1989
Geisel, Guy Delisle, reprodukt 2017
Freedom Hospital: A Syrian Story, Hamid Sulaiman, Random House 2016
Ari Folman, Waltz with Bashir: A Lebanon War Story, Metropolitan Books 2008
Drei Steine, Nils Oskamp, Panini 2016
Persepolis, Marjane Satrapi (Bd. 1: Eine Kindheit im Iran, Bd. 2: Jugendjahre), Edition Moderne 2004
Gegen mein Gewissen, Hannah Brinkmann, Avant 2020
Der Boxer. Die wahre Geschichte des Hertzko Haft, Reinhard Kleist, Carlsen 2012
Dreimal spucken, Davide Reviati, Avant 2020

Sexueller Missbrauch
The courage to be me, Nina Burrowes, NB Research Limited 2014

Altern, Tod und Suizid
Das Licht, das Schatten leert, Tina Brenneisen, Edition Moderne 2019
Billy, Me & You: A Memoir of Grief and Recovery, Nicola Streeten, Myriad Editions 2011
Ein Freitod, Steffen Kverneland, Avant 2019
Das unabwendbare Altern der Gefühle, Zidrou/Aimee de Jongh, Splitter 2018
Years of the elephant, Willy Lindhout, Fanfare/Ponent Mon 2009
Zusammenfassung

Der belgische Comic-Zeichner Willy Linthout verarbeitet in dem Buch den Verlust seines Sohnes durch Suizid. Sein Alter Ego Karel wird geplagt von Wahnideen, Schlafstörungen und Depressionen. Auf seine Umwelt reagiert er mit Aggressionen und Rückzug. Der Sohn erscheint ihm in Gestalt der mit Kreide gezogenen Umrisslinie, welche die Polizisten am Tatort hinterlassen haben. All das erfährt der Leser ganz unmittelbar, denn Karels Wahnvorstellungen sind nicht weniger real gezeichnet als der Rest seines Erlebens. So wird der/die Leser*in Teil der düsteren Welt, in welcher der Protagonist herumirrt. Das chaotische, teilweise groteske Geschehen wird durch das gleichbleibenden Panelraster und die zurückgenommene grafische Gestaltung gewissermaßen aufgefangen. Ein lesenswerter, berührender Comic, der seine Leser an dem Heilungsprozess teilhaben lässt.

Sterben ist echt das Letzte, Eva Müller, Schwarzer Turm
Die Leichtigkeit, Catherine Meurisse, Carlsen 2017
Nils, Melanie Garanin, Carlsen 2020

Weitere psychische und/oder somatische Erkrankungen
Wirbelsturm, Roland Burkert, Edition Moderne 2017
Burn out. Ein Comic-Tagebuch, Maaike Hartjes, Patmos 2019
Psychiatric Tales: Eleven Graphic Stories about Mental Illness, Darryl Cunningham, Bloomsbury 2010
The bad doctor. The troubled life and times of Dr Iwan James, Ian Williams, Myriad Editions 2014
Das Karma-Problem. MS: Eine unheilbare Krankheit übernimmt die Kontrolle, Reto Gloor, Edition Moderne 2015


EIGENE COMIC-ARBEITEN

Projekte
Sonntage (Graphic Novel, in Arbeit, Kapitel 1/PDF)
Zusammenfassung

Das Leben von Svenja wird von Vorbildern geprägt: Mit acht Jahren hört sie im Gottesdienst die Geschichte von Jona, dem Propheten, der versucht, vor Gott davonzulaufen. Die Botschaft, die den Kindern vermittelt wird: Ihr könnt Gott nicht entkommen, weil seine Liebe gröer ist. Ähnlich wie Jona den Bewohnern der Stadt Ninive predigen soll, müssen auch Svenja und ihre Geschwister in der Schule ihre Mitschüler missionieren.

Mit zunehmendem Alter entstehen Konflikte zwischen den Anforderungen der christlich-fundamentalischen Eltern einerseits und Svenja Bedürnissen andererseits. Sie möchte sein wie die Anderen in der Schule, möchte "Die drei Fragezeichen" lesen und "Dirty Dancing" im Kino anschauen. Doch Zuhause wird vieles verboten, weil es "weltlich" ist oder "okkult". Diskutieren hilft nicht: die Mutter verweist auf den Vater, der Vater auf die Bibel. Die Aufnahme eines stadtbekannten Rockers in ihre Gemeinde wird zu einem Schlüsselerlebnis der inzwischen Elfjährigen. Einerseits beeindruckt sie der augenfällige Wandel in seinem Leben, andererseits wächst die Erkenntnis, dass ihr Leben einer anderen Logik folgt.

Doch der Weg dahin ist schwer. Als eines der ältesten Kinder in einer Großfamilie hat sie gelernt, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und zu verleugnen. Die konservativen Geschlechterrollen, die ihre Eltern und Gemeindemitglieder vorleben, passen nicht mehr. Aber Alternativen sieht sie nicht. Angesichts der Ereignisse zuhause – sie wird Zeuge, wie der Vater ihre Schwester schlägt – fühlt sie sich zunehmend ohnmächtig und überfordert.

Trotzdem folgt sie, anders als ihre aufmüpfige Schwester, noch dem vorgegeben Pfad ihrer Eltern: Nach einem Bekehrungserlebnis wird die Taufe geplant, die Svenjas Aufnahme in die Gemeinde besiegeln soll. Svenja reagiert auf den wachsenden Druck mit einem inneren Rückzug. Sie legt sich eine dicke Haut zu, will nichts mehr spüren. Der Seehundmann, der 1984 im eiskalten Wasser vor den isländischen Westmännerinseln überlebt, wird das unbewusste Vorbild dieser Jahre, in denen Svenja nach Außen verstummt und alle Konflikte ins Innere verlegt.

Es sind Impulse von außen, insbesondere aus dem Schulunterricht, die die Wende in ihrem Leben bringen. Auf dem Gymnasium lernt sie zum ersten Mal, dass ihr kritisches Denken erwünscht ist. In einem Gedicht von Goethe findet sie einen neuen Helden: Prometheus, der den Göttern trotzt und lieber Mensch sein will, auch wenn dies Leiden miteinschließt. Durch einen Job als Putzhilfe verfügt sie zum ersten in ihrem Leben Geld und erkauft sich mit einem Sportfahrrad neue Freiheiten.

Das neu erworbene Selbstvertrauen verleiht ihr den Mut, eines Sonntagmorgens den Satz auszusprechen, den sie ein Jahr lang still geübt hat und der ihr Leben nachhaltig verändert.

Der autobiografisch inspirierte Comic enthält Zeichnungen in schwarz-weiß und Farbe und umfasst 128 Seiten.



Projekte
Keine Angst vor dem Ende. Kinder reden über Tod und Sterben (PDF)
Serie, 2018-2020, veröffentlicht in "Kunst & Therapie", 2020/2, Jg. 38, Bd. 36; Claus Richter Verlag Köln